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Vorsicht vor „Finanzsanierern“

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Wer in Deutschland in eine finanzielle Schieflage gerät, sucht oft verzweifelt nach einem Ausweg. In dieser Situation tauchen in Anzeigen oder Online-Werbung immer wieder Angebote von sogenannten Finanzsanierern auf. Sie versprechen, die Schulden zu reduzieren, mit Gläubigern zu verhandeln und den Weg zurück in die finanzielle Stabilität zu ebnen.

Doch hinter diesem vermeintlichen Rettungsanker verbirgt sich ein Geschäftsmodell, das äußerst umstritten ist und viele Verbraucher in noch tiefere Probleme stürzen kann.

Wie Finanzsanierer vorgehen – Das Geschäftsmodell

Finanzsanierer sind in der Regel gewerbliche Anbieter (oft als GmbH geführt), die sich auf die Verhandlung mit Gläubigern ihrer Kunden spezialisiert haben. Ihr Kernangebot läuft meist nach folgendem Schema ab:

  1. Erstberatung und Vertragsabschluss: Der Kunde schildert seine finanzielle Notlage. Der Finanzsanierer analysiert die Schulden (Kredite, Mieten, Stromrechnungen etc.) und bietet einen Sanierungsvertrag an. Dieser Vertrag ist der Dreh- und Angelpunkt der späteren Kritik.
  2. Übernahme der Verhandlungen: Der Finanzsanierer tritt gegenüber den Gläubigern des Kunden auf. Ziel ist es, durch Verhandlungen die Schulden zu reduzieren (Teilerlass) oder günstigere Rückzahlungsbedingungen (längere Laufzeiten, niedrigere Raten) auszuhandeln.
  3. Einziehung der Raten: Der Kunde zahlt fortan eine monatliche Gesamtrate an den Finanzsanierer. Dieser behält einen erheblichen Teil (oft zwischen 10% und 25% der Rate, manchmal sogar mehr) als Vergütung für seine Dienstleistung ein. Den Rest verteilt er an die Gläubiger entsprechend der ausgehandelten Vereinbarungen.

Hohe Kosten für bereits Überschuldete

Menschen, die sich an einen Finanzsanierer wenden, sind per Definition finanziell stark belastet oder überschuldet. Die Gebühren des Sanierers (oft mehrere Tausend Euro über die gesamte Laufzeit) stellen eine erhebliche zusätzliche Belastung dar.

Finanzsanierer zahlen keinen Kredit aus

Statt Schulden abzubauen, fließt ein signifikanter Teil des ohnehin knappen Geldes als Honorar an den Sanierer. Kritiker argumentieren, dass diese Gebühren die Situation des Kunden oft verschlimmern oder den Schuldenabbau unnötig verlängern.

Intransparenz und Täuschung – Der Kredit-Irrtum: 

Dies ist einer der gravierendsten Vorwürfe. Viele Kunden glauben, mit dem Finanzsanierer einen neuen Kreditvertrag abzuschließen, aus dem sie eine Auszahlung erhalten. Die Werbung der Anbieter ist oft bewusst mehrdeutig formuliert („Schuldenfrei in X Monaten“, „Neustart mit frischem Kapital“) und suggeriert eine Kreditvergabe.

Tatsächlich handelt es sich beim Vertrag mit dem Finanzsanierer ausschließlich um einen Dienstleistungsvertrag zur Schuldenverhandlung und -verwaltung. Der Kunde erhält keinerlei neues Geld ausgezahlt. 

Er verpflichtet sich lediglich, seine bisherigen Schuldenraten (oder eine konsolidierte Rate) zukünftig an den Sanierer zu zahlen, der dann seinen Anteil abzieht und den Rest verteilt. Diese fundamentale Fehlvorstellung führt dazu, dass Kunden eine Verpflichtung eingehen, ohne die erhoffte Liquiditätsspritze zu erhalten.

Rechtliche Grauzonen und unseriöse Praktiken: Nicht alle Finanzsanierer arbeiten seriös. Es gibt Berichte über:

  • Überhöhte Gebühren: Gebühren, die in keinem Verhältnis zur tatsächlich erbrachten Leistung stehen.
  • Intransparente Verträge: Unklare Formulierungen, versteckte Kosten, lange Laufzeiten.
  • Fragwürdige Verhandlungen: Manche Sanierer setzen Gläubiger unnötig unter Druck oder nutzen rechtlich zweifelhafte Taktiken, was dem Kunden schaden kann.
  • Fehlende Erfolgsgarantie: Der Erfolg der Verhandlungen mit Gläubigern ist nie garantiert. Scheitert der Sanierer, bleibt der Kunde auf den Kosten sitzen und hat womöglich wertvolle Zeit verloren.
  • Vernachlässigung günstigerer Alternativen: Verbraucherschützer betonen, dass es für überschuldete Privatpersonen meist deutlich kostengünstigere und seriösere Wege gibt:

Kostenlose Schuldnerberatung: Anerkannte Schuldnerberatungsstellen (z.B. von Caritas, Diakonie, AWO oder kommunalen Trägern) bieten ihre Hilfe kostenlos an. Sie unterstützen bei der Haushaltsplanung, verhandeln mit Gläubigern und bereiten gegebenenfalls einen außergerichtlichen Einigungsversuch oder ein Privatinsolvenzverfahren vor.

Privatinsolvenzverfahren: Auch wenn es als einschneidend empfunden wird, bietet das geordnete Privatinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung nach drei Jahren (unter bestimmten Bedingungen) oft den klarsten und kostentransparentesten Weg aus der Schuldenfalle. Die Kosten hierfür sind gesetzlich reguliert und deutlich niedriger als die Gebühren vieler Finanzsanierer.

Warnzeichen für betrügerische Finanzsanierer:

  • Sie verlangen hohe Vorkosten für eine „Finanzsanierung“.
  • Es wird ein Kredit suggeriert, aber stattdessen schließt man einen Beratungsvertrag ab.
  • Keine Zulassung als Finanzdienstleister oder nach § 34c/d/f GewO.
  • Kontakt meist nur über E-Mail und Post, selten echte Telefonnummern.
  • Die Firmen sitzen häufig in der Schweiz, Malta oder Osteuropa.

Tipp: Seriöse Hilfe bei Schulden

  • Verbraucherzentrale
  • Schuldnerberatung der Caritas, Diakonie, AWO
  • Öffentliche Schuldnerberatung bei Städten und Gemeinden

Vorsicht ist geboten

Vorsicht

Finanzsanierer operieren in einem sensiblen Bereich, in dem Menschen besonders verletzlich und verzweifelt sind. Während das grundsätzliche Prinzip der Schuldenverhandlung durch einen Dritten nicht per se verwerflich ist, ist das Geschäftsmodell vieler Anbieter aufgrund der hohen Kosten, der mangelnden Transparenz und vor allem des weit verbreiteten Irrtums über eine angebliche Kreditauszahlung höchst umstritten.

Die dringende Empfehlung lautet daher: Bevor Sie einen Vertrag mit einem Finanzsanierer unterzeichnen, der oft langfristig bindet und teuer ist, suchen Sie unbedingt eine kostenlose, anerkannte Schuldnerberatungsstelle auf. Lassen Sie sich dort über alle Möglichkeiten informieren, insbesondere über die Alternativen ohne hohe Gebühren.

Lesen Sie jeden Vertrag extrem sorgfältig, und fragen Sie explizit nach: „Erhalte ich von Ihnen eine Kreditauszahlung?“ Wenn die Antwort „Nein“ lautet, wissen Sie, dass Sie lediglich einen teuren Dienstleister beauftragen, der Ihre bestehenden Schulden verwaltet. Der vermeintliche Rettungsanker könnte sich schnell als zusätzlicher Anker erweisen, der Sie noch tiefer in die Schulden zieht.

Rechtlich vorgehen

Wenn Sie bereits einen Vertrag mit einem Finanzsanierer geschlossen haben, können Sie mit Hilfe eines Anwalts dagegen vorgehen. Aufgrund von Täuschung, ungültiger Widerrufsbelehrungen, fehlender Zulassung für Finanzdienstleistungen oder Kosten für fehlende Leistungen konnten Verträge bereits als nichtig erklärt und Kosten erstattet werden.

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